Corona-Bußgeldverfahren – Lippmann: AfD ist eine rechtsstaatsfeindliche, rechtsextreme Truppe von Opportunisten und Wendehälsen

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Corona-Bußgeldverfahren einstellen – Bußgelder erlassen“ (Drs 7/11467)
62. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 15.12.2022, TOP 11

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

in der an nahezu unendlichen Beispielen reichen rechtspolitischen Irrfahrt der AfD ist der Antrag zur Amnestie für rechtsbrechende Corona-Leugner schon ein ausgewiesen peinliches Prunkstück – er fasst auf gerade mal drei Seiten eindrucksvoll das fehlende Rechtsstaatsverständnis der AfD, ihre eigene Bigotterie und Schamlosigkeit und die intellektuelle Unzulänglichkeit der Antragsteller kompakt zusammen. Dieser Antrag ist eine einzige Lachnummer und am Ende ein Schuss ins Knie für die AfD.

Fangen wir mal mit ihrem Rechtsstaatsverständnis an: Die auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes jeweils erlassenen Corona-Schutz-Verordnungen sind geltendes Recht ebenso wie die darauf gestützten Ordnungswidrigkeitentatbestände.

Die AfD-Fraktion war ja Meisterin darin, gegen eben jene zu klagen und sich vor dem Verfassungsgerichtshof eine Klatsche nach der anderen zu holen. Es zeugte schon von einem ausweisenden Masochismus, sich gefühlt 20 entsprechende Entscheidungen abzuholen, bei denen die vollmundig angekündigten Schritte gegen den vermeintlichen Unrechtsstaat – mangels jedweder substanzieller Begründung – bereits als unzulässig verworfen wurden. Nachdem dieses Trauerspiel keinen Erfolg hatte, soll es nun das Gnadenrecht als letzter Rettungsanker richten. Ausgerechnet der von Ihnen so verfemte Ministerpräsident soll Ihnen und Ihren Anhängern aus der Patsche helfen, weil diese wohl endlich gemerkt haben, dass wohlfeil zu Widerstand verklärter Rechtsbruch am Ende doch Konsequenzen hat. Doch das werden wir nicht mitmachen, denn dafür ist das Gnadenrecht genauso wenig da, wie für die untaugliche Begradigung ihrer vollkommen unzulänglichen – in Tetschen oder Brixen diktierten – Kauderwelsch-Klagen vor dem Verfassungsgericht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

dass die AfD auch gleich noch die Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Versammlungsgesetz aufheben will, offenbart einmal mehr die intellektuelle Unzulänglichkeit. Denn die Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, die sie gerne einer Aufhebung unterziehen wollen, sind auch ohne die Corona-Schutzverordnungen gegeben und vielfach wären entsprechende Verstöße auch ohne diese bußgeldbewährt gewesen, zum Beispiel die Teilnahme an verbotenen Versammlungen. Und hier wird ganz klar deutlich: Sie wollen schlussendlich Straf- und Narrenfreiheit für rücksichtlose Regelbrecher – das wird es mit uns nicht gegeben!

Überdies stellt sich mir die Frage, für welche Vorwürfe Sie demnächst dann noch Begnadigungen fordern. Fordern sie demnächst, dass die Verfahren gegen ihre mutmaßlich rechtsterroristischen Truppenteile um Frau Malsack-Winkemann eingestellt werden? Der Logik dieses rechtsstaatliche Offenbarungsaktes nach wahrscheinlich schon. Aber die Macht des Rechtes wird sich nicht der Macht der Straße beugen!

Kommen wir zu Ihrer Unverfrorenheit: Die Forderung nach Begnadigung für die eigene Klientel und Anhängerschaft ist Ausdruck, dass Sie ganz tief im Sumpf des politischen Nepotismus angekommen sind. Für Vorbilder brauchen sie gar nicht in die USA blicken, es reicht der Blick in die alte Bundesrepublik. Nach Bekanntwerden der Flick-Affäre wurde mehrfach durch die betroffenen Parteien versucht, die Straftaten zu Bagatellen zu verklären und deshalb diese mit einer Amnestie niederzuschlagen. Ihr Antrag reiht sich perfekt in dieses Vorgehen ein.

Spannend bleibt hierbei die Frage, wie viele ihrer Abgeordneten hier von dieser Amnestie profitieren würden, weil sie selbst Adressaten entsprechender Bußgeldverfahren sind oder waren. Während Sie hier versuchen, Flick 2.0 aufzuführen, bleibt festzuhalten: Im Sumpf des politischen Nepotismus ist die AfD mittlerweile die größte Unke!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Kommen wir zu guter Letzt noch zur schreienden Bigotterie dieses Antrages. Sie fordern gleich zwei Dinge, die Sie bisher konsequent abgelehnt haben.

  1. Sie sind plötzlich für eine Amnestie. Im Dezember 2020 erklärte der AfD-Abgeordnete Volker Dringenberg noch wortgewaltig, dass eine Weihnachtsamnestie ein Akt der Kuscheljustiz wäre. Jetzt will die AfD – mit ihrer in den Antrag gegossenen ganz besonderen Form von Weihnachtsamnestie – offenbar eins: Kuscheljustiz. Da fragt man sich doch, was man Ihnen eigentlich noch glauben soll.
  2. Wesentlich bedenklicher ist aber ihre dokumentierte 180-Grad-Wende zum Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften. Mit Ihrem Antrag aus dem April 2021 forderten sie noch, diese unverzüglich abzuschaffen. In der Begründung und den Reden in Ausschuss und Plenum wurde geradenach der Untergang des Rechtsstaates beschrien, der bei Ausübung des Weisungsrechtes eintrete. Nun auch hier eine rumplig-ruchlose Rolle rückwärts: Wenn es um die eigenen Leute geht, soll nun endlich kräftig durchgewiesen werden. Aber klar: Wenn man sowieso tagein tagaus den Rechtsstaat aushöhlen und abschaffen will, braucht es ja auch keine Konsistenz im Umgang mit ihm. An dieser Stelle möchte ich – für GRÜNE heute eher selten – Otto Schily zitieren, aus seiner Rede zum Abschluss des Flick-Untersuchungsausschusses: „Es fehlt Ihnen in Wahrheit nicht an Unrechtsbewusstsein, es fehlt Ihren an Rechtsbewusstsein, an Gerechtigkeitssinn.“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
schlussendlich bleibt nach diesem Antrag – für jeden sichtbar – die Feststellung: Die AfD ist eine rechtsstaatsfeindliche, rechtsextreme Truppe von Opportunisten und Wendehälsen.

Und für uns die Erkenntnis: Diesen Nonsens kann man nur ablehnen. Vielen Dank.