AfD Antrag zu Migration – Sejdi: Polemischer Schwachsinn
Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD „Unkontrollierte Massenmigration verhindern – Grenzen sichern“ (Drs 7/10319)
59. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 09.11.2022, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei der Vorbereitung zu diesem Tagesordnungspunkt musste ich feststellen, dass Sie den gleichen polemischen Schwachsinn auch schon letzten Herbst bei den Migrationsbewegungen aus Belarus versucht haben. (vgl Drs. 7/8173) Ich kann mich nur wiederholen: Sie fordern ausschließlich Maßnahmen, mit denen geltendes Recht gebrochen wird. Maßnahmen mit denen ausschließlich sie sich selbst eine Bühne bauen, auf der sie Ängste schüren und Ihre rassistisches Menschenbild zur Schau stellen.
Zunächst einmal ist die Bezeichnung illegale Migration falsch. Die Menschen, die aktuell hier in Sachsen einreisen, kommen größtenteils aus Syrien, aus dem Iran, aus Afghanistan. Diese Menschen stellen hier Asylanträge. Und weil sie aus den eben genannten Ländern kommen, werden sie sehr wahrscheinlich Schutz in Deutschland erhalten. Weil in ihren Heimatländern Krieg, eine lebensbedrohliche Sicherheitslage oder Verfolgung drohen. Gegen Menschen, die einen Asylantrag stellen, dürfen keine Strafen verhängt werden. Das steht ausdrücklich in der Genfer Flüchtlingskonvention. Ich finde es äußerst perfide, Menschen, denen keine legalen Einreisewege zur Verfügung stehen, um auf das Gebiet zu gelangen, auf dem sie Schutz erhalten, so zu kriminalisieren.
Der zweite Punkt, den ich hier klarstellen muss ist: In Europa, im Schengenraum gilt der freie und uneingeschränkte Personenverkehr. Grenzübertrittskontrollen an den Binnengrenzen sind grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Ausnahme ist, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Mitgliedsstaates bedroht ist, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Davon sind wir weit entfernt. 2015 stellten nach dem Jahresbericht des Sächsischen Ausländerbeauftragten in Sachsen über 28.000 Menschen einen Asylantrag. Aktuell liegen wir bei 14.000 Asylsuchenden in diesem Jahr. Das ist die Hälfte! Und auch 2015 wurden keine Grenzkontrollen eingeführt.
Lassen Sie mich noch kurz auf ein paar Punkte ihres Antrages eingehen:
Sie wollen die Unterbringung von Geflüchteten in unmittelbarer Grenznähe und die unverzügliche Rückführung in das sichere Drittland ihrer Einreise. Auch dies entbehrt jeder tatsächlichen und rechtlichen Grundlage. Ich verschone sie mit Erklärungen über das Verfahren nach der Dublin III – Verordnungen, deren Einhaltung sie übrigens unter Punkt 10 selbst fordern. Wie sieht es denn tatsächlich aus mit Unterbringungsmöglichkeiten in Grenznähe?
Was wollen sie mit Machtdemonstrationen wie Großübungen oder Verlegung aller ungebundenen Kräfte der Bereitschaftspolizei erreichen? Abschreckung?
Menschen fahren in kleinen Schlauchbooten übers Mittelmeer und riskieren ihr Leben um Krieg, Elend und Lebensgefahr zu entfliehen. Diese Menschen haben weiß Gott andere Probleme zu bewältigen und brauchen ihr rassistisches Säbelrasseln nicht. Militärparaden und dergleichen sind Methoden totalitärer Regime, um sich in der eigenen Macht zu sonnen. Grenzschutz, Schutz der Bahnanlagen, Straftaten im Zusammenhang mit Grenzübertritten fallen in den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei. Die Bereitschaftspolizei ist nicht zuständig.
Aufnahmeprogramme sind ein sinnvoller Weg sichere Fluchtrouten zu eröffnen, bei deren Intensivierung verhindern wir vielleicht noch größere, Menschenleben kostende Fluchtbewegungen in den nächsten Jahren und schaffen mehr Sicherheit.
Und damit kommen wir zu einem Punkt der mich wirklich wütend macht. Mit der Wahl ihrer Worte: dass die geflüchteten Menschen illegal einreisen, dass sie Wirtschaftsflüchtlinge sind und dass die Grenzen geschützt werden müssen, fordern sie nicht nur Maßnahmen, die nach deutschen, europäischen und nach Völkerrecht rechtswidrig sind, Sie geben mit ihrer Wortwahl denjenigen eine Rechtfertigung, die Unterkünfte für Geflüchtete anzünden, Sie bereiten den Nährboden für solche Taten.
Und an dieser Stelle hört für mich der Spaß auf. Als gewähltes Mitglied dieses hohen Hauses haben Sie eine Verantwortung. Sie haben die Verantwortung, das Leben und die Gesundheit von Menschen in unserem Land zu schützen Sie haben die Verantwortung, dass bestehende Gesetze von allen geachtet werden.
Auch wenn Sie nicht damit einverstanden sind, dass es ein Asylrecht gibt, dass die Einreise nach Stellung eines Asylantrages nicht strafbar ist, so haben Sie dennoch dafür Sorge zu tragen, dass Sie als Abgeordnete, als Fraktion hinter diesem Recht stehen und nicht daneben. Und das heißt, dass sie bei ihrer Wortwahl nicht den falschen Eindruck von der bestehenden Gesetzeslage machen dürfen und damit Hass, Hetze und auch Brandanschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete zu schüren und zu unterstützen.