Sozialer Wohnungsbau – Mietermitbestimmung von Anfang an
Der Stadtteilladen Grünfläche in Dresden-Plauen war Dienstag, 6. Februar, bis auf den letzten Platz gefüllt. Eingeladen hatte die GRÜNE-Landtagsfraktion zur Podiumsdiskussion "Sozialer Wohnungsbau – Mietermitbestimmung von Anfang an!".
Mit einer kurzen Einführung ins Thema durch Wolfram Günther, baupolitischer Sprecher der GRÜNEN-Fraktion im Sächsischen Landtag, begann die rund zweistündige Diskussion.
Lange war in Sachsen über den Bedarf eines landesweiten Förderprogramms für sozialen Wohnungsbau stritten worden. Seit vergangenem Jahr ist es nun in Kraft. Der Erleichterung darüber, dass es endlich losgehen könne mit sozialem Wohnungsbau in Sachsen, wich rasch der Ernüchterung. Die Förderrichtlinie der CDU-SPD-Regierung für das 2017 beschlossene Programm zum sozialen Wohnungsbau ist ungeeignet, langfristig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. In einzelnen Punkten widerspricht sie diesem Grundgedanken sogar.
Problematisch ist insbesondere die in der Förderrichtlinie eingebaute ‚Mietpreisbremse nach unten‘. Sobald die Kaltmiete mehr als fünf Prozent unter den Sätzen der Kosten der Unterkunft liegt, wird die Förderung gekürzt. Das heißt, wenn beispielsweise kommunale Unternehmen preiswerten Wohnraum schaffen wollen, werden sie bestraft und benachteiligt. In Leipzig liegen die Kosten der Unterkunft aktuell bei etwas über 5 Euro pro Quadratmeter, in Dresden bei über 6 Euro pro Quadratmeter. Um den maximalen Fördersatz zu bekommen, zwingt die Förderrichtlinie Investoren, hohe Kaltmieten zu verlangen. Die Förderung soll aktuell in der Regel 35 Prozent der Angebotsmiete betragen. Das bedeutet, wer die vollen 3,50 Euro je Quadratmeter haben will, muss Kaltmieten von 10 Euro pro Quadratmeter verlangen. Davon werden über einen Zeitraum von 15 Jahren den Mietern der Sozialwohnung 3,50 Euro erlassen. Bleiben immer noch 6,50 Euro je Quadratmeter zu bezahlende Kaltmiete übrig. Das ist zu hoch, um eine dämpfende Wirkung beim steigenden Mietspiegel der großen Städte zu entfalten.
Nach 15 Jahren verfällt die Mietbindung und die Wohnung kann − noch teurer − vermietet werden. Aus der Sicht Wolfram Günthers ist das der falsche Ansatz. Wir fordern die Abschaffung des Prinzips, dass niedrige Mietangebote zu reduzierter Förderung führen. Darüber hinaus schlägt die GRÜNE Landtagsfraktion vor, die Mietbindung als Sozialwohnung auf 25 Jahre zu verlängern.
Städte wie Chemnitz beanstanden, dass sie nicht einmal ein Anrecht auf Förderung haben, weil sie die harten Kriterien wie Leerstandsquote oder Mietenanstieg nicht stadtweit erfüllen. Die GRÜNEN im Landtag schlagen daher vor, die Zugangsbedingungen abzusenken und auf einzelne Stadtteile bezogen zu betrachten.
Ein eigener Antrag zum Thema wurde im letzten Plenum eingebracht und leider durch CDU und SPD abgelehnt.
Podiumsgast Steffen Jäckel, Geschäftsführer der neugegründeten Wohnungsbaugesellschaft Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG (WiD) erklärte in seinem Vortrag, er hoffe, dass Ende Februar der Fördermittelvertrag für Dresdens erstes Vorhaben im geförderten sozialen Wohnungsbau auf der Ulmenstraße abgeschlossen werden könne. Nachdem vor 15 Jahren die städtische Wohnungsgesellschaft gegen die Stimmen der GRÜNEN verkauft worden war, hatte die Dresdner Kooperation aus LINKEN, GRÜNEN und SPD beschlossen eine neue Gesellschaft (die WiD) zu gründen. Mittlerweile stehen der WiD zwölf städtische Grundstücke zur Verfügung, weitere neun sollen in Kürze bei der Gesellschaft eingelegt werden. Diese 21 Standorte sind über das ganze Stadtgebiet verteilt. Bis 2021 sollen ca. 800 Wohnungen entstehen.
Michael Schmelich, Stadtrat der GRÜNEN-Fraktion in Dresden, Aufsichtsrat Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG (WID), ging auf die konkrete Situation in der Landeshauptstadt ein. Dabei appellierte er, dass es nicht reiche, sich auf der erfolgreichen Gründung der WiD auszuruhen. Es komme nun darauf an, genügend Grundstücke und Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, um mittelfristig auch nur ansatzweise relevante Wohnungsbestände aufbauen zu können. Er wies darauf hin, dass der Stadtrat beschlossen hatte, der neugegründeten Gesellschaft Grundstücke im Wert von 50 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Die bisherigen 21 Grundstücke haben allerdings nur einen Wert von 20 Mio. Euro. Hier wird sich die Stadtverwaltung aber auch die Stadtgesellschaft darauf verständigen müssen, für welche Zwecke, die immer knapper werdenden städtischen Grundstücke eingesetzt werden sollen.
Schmelich warb dafür, auch kommunales Geld für den Sozialwohnungsbau im nächsten Haushalt zur Verfügung zu stellen. "Jeder Euro aus dem städtischen Haushalt, den wir in den sozialen Wohnungsbau stecken, ist gut investiertes Geld, da die Transferleistungen, die sogenannten Kosten der Unterkunft, die zur Hälfte von Bund und Land kommen, so dem städtischen Unternehmen zur Verfügung stehen." Dies sei wirtschaftlich allemal besser als teuer Belegungsrechte bei privaten einzukaufen.
Zum Thema Mitbestimmung der zukünftigen MieterInnen in Dresdens kommunalen Wohnungen lohnt sich der Blick nach Berlin. Dort wurden die landeseigenen Wohnungsunternehmen verpflichtet, Mieterräte zur Beteiligung der Mieterschaft an Unternehmensentscheidungen einzurichten. Mit den Mieterräten wurde ein Instrument zur Stärkung der Mietermitbestimmung und damit der Demokratisierung des Wohnens geschaffen. Sie ergänzen die seit einigen Jahren in vielen Berliner Quartieren aktiven Mieterbeiräte.
Während die Mieterbeiräte Ansprechpartner der Mieterschaft auf Quartiersebene sind, stellen die neu eingerichteten Mieterräte ein auf Mitentscheidung orientiertes Beteiligungsgremium dar, das auf der Unternehmensebene agiert und entsprechend in die Unternehmensplanung involviert ist. Zur Stärkung seiner Mitwirkungsmöglichkeiten an Unternehmensentscheidungen schlägt jeder Mieterrat ein Mitglied für die Vertretung im Aufsichtsrat des landeseigenen Wohnungsunternehmens vor.
Michael Schmelich verwies allerdings darauf, dass er beim Thema Mitbestimmung nicht nur die neuen Mieter in der WiD sondern v.a. die Mieter der großen Akteure wie Vonovia im Blick habe. Er versprach, zum Thema Mietermitbestimmung eine Beschlussvorlage für den Stadtrat vorzubereiten.
Auch aus dem Publikum kamen einige Anregungen zur Diskussion, u.a. in wieweit konkret Mietermitbestimmung jenseits des Berliner Beispiels aussehen könnte. Hier konnte Wolfram Günther auf Gießen und München verweisen, deren Mietermitbestimmung Vorbildcharakter auch für Dresden haben könnte.
Das Thema sozialer Wohnungsbau wird uns in den kommenden Jahre als GRÜNE-Landtagsfraktion begleiten, weitere Veranstaltungen werden folgen.
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