Datum: 14. April 2014

Sachsens Natur bewahren! – Biodiversitätstagung in Chemnitz

Das Artensterben in Sachsen und mögliche Gegenstrategien, um dem entgegen zu wirken, standen im Mittelpunkt der Veranstaltung der GRÜNEN-Landtagsfraktion „Sachsen braucht biologische Vielfalt“. Gisela Kallenbach, Naturschutzpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die rund 40 Gäste, die u. a. aus Chemnitz, dem Erzgebirgskreis und dem Vogtland gekommen waren.

Hellmut Naderer, Naturschützer aus dem Vogtland, machte mit seinem Vortrag „Biodiversität – Lebenserhaltungssystem unserer Erde“ den Einstig ins Thema und bot einen Einblick in die Naturschutzziele und die Roten Listen Deutschlands und Sachsens. Als Ziel formulierte er: „Naturschutz auf 100 Prozent der nicht bebauten und versiegelten Flächen“.  Hauptaufgabe des Naturschutzes sei es, Biodiversität zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Als wesentliche Schritte dazu führte er u. a. die Änderung der Landnutzung, eine extreme Reduzierung des Landverbrauchs, eine konsequente Umsetzung der Ziele des Netzwerkes NATURA 2000 sowie die Umsetzung der Biodiversitätsstrategien auf verschiedenen Ebenen an. Darüber hinaus könne jede und jeder einen Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten, z. B. im eigenen Garten oder durch Kaufentscheidungen, aber auch durch Aktivitäten in Naturschutzvereinen oder im Freundeskreis.

» Vortrag von Hellmut Naderer als PDF

Jens Weber von der GRÜNEN LIGA Osterzgebirge referierte unter dem Titel „Biologische Vielfalt statt politische Einfalt. Eine Biodiversitätskonzeption für Sachsen – von Naturschutzpraktikern erarbeitet“ über die Entstehung der Biodiversitätskonzeption. Bei der Konzeption handelt es sich um einen kompakten Forderungskatalog an die sächsische Politik. „Von unten“ entstand die Konzeption unter breiter Basisbeteiligung von Naturschutzpraktikern aus ganz Sachsen, nachdem 2011 das Angebot der GRÜNEN-Landtagsfraktion kam, in Zusammenarbeit zusammenzutragen, welche politischen Weichenstellungen Naturschützer für vordringlich halten, um biologische Vielfalt in Sachsen tatsächlich zu erhalten. Unzufriedenheit herrsche vor allem in Bezug auf die Vernachlässigung von Schutzgebieten, die Umsetzung von NATURA 2000, die Nichtumsetzung des landesweiten Biotopverbundes, den Mangel an überregionalen Naturschutzprojekten und die bürokratischen Hürden im Bereich der Naturschutzförderung. Der rechtliche Rahmen für Naturschutz in Sachsen sei heute schlechter denn je seit 1990. Der Freistaat Sachsen ordnet ab 2015 Biotoppflege vollständig der Agrarförderung unter, was von Naturschutzpraktikern als gänzlich ungeeignet empfunden wird.

» Vortrag von Jens Weber als PDF

» Biodiversitätskonzeption „Sachsens Natur bewahren“, 2012 bis 2014 erarbeitet von 65 Naturschutzpraktikern in Sachsen (PDF, Hrsg. GRÜNE-Landtagsfraktion, Stand: März 2014)

Einen Bericht aus der Praxis lieferte Claudia Pommer vom Naturschutzzentrum Erzgebirge gGmbH unter dem Motto „Vom Machbaren, Muss und Müsste in der Naturschutzpraxis“. Der Vision „dauerhafte Sicherung lebensraumtypischer Arten im Erzgebirge“ folgend betreibt das Naturschutzzentrum Erzgebirge Biotoppflege, Landschaftspflege und Umweltbildung. Erfolgreicher Naturschutz brauche ein breites öffentliches Bewusstsein als Grundlage, Rahmenbedingungen, die die Umsetzung von Naturschutz attraktiver machen, sowie Rahmenbedingungen für eine professionelle Arbeit und Struktur. Die erfolgreiche Arbeit des Naturschutzzentrums führte bereits auf verschiedenen Flächen zur Steigerung der dort vertretenen Arten. Erschwerend wirkt sich der enorme Verwaltungsaufwand, insbesondere aufgrund der Fördermittelbürokratie, aus.

» Vortrag von Claudia Pommer als PDF

Ulrich Klausnitzer, Autor des Buches „Biotope im Garten“, zeigte in seinem Vortrag Mittel und Wege auf, um „Lebensräume in Gärten und Siedlungsbereichen zu entwickeln“. Siedlungen als Mosaik sich ergänzender Biotopstrukturen könnten zu funktionale Wechselwirkungen führen. Wie man im eigenen Garten entsprechend aktiv werden kann, um Verluste zu stoppen und Funktionalität zu erhöhen, erklärte Klausnitzer an mehreren Beispielen. Möglichkeiten böten sich u. a. durch Sträucher, Bäume und Hecken, durch Reisig- oder Totholzstapelungen, naturnah gestaltete Mauern oder Steinhaufen, durch blumenreiche Wiesen oder blühenden Rasen sowie Gartenteiche. Was beim Anlegen von Biotopstrukturen im Detail zu beachten ist, beschreibt er ausführlich in seinem Buch.

» Vortrag von Ulrich Klausnitzer als PDF

In einer abschließenden Diskussion stand zunächst die Frage im Mittelpunkt, weshalb nur ein kleiner Teil der Menschen sich für Naturschutz interessieren. Unter anderem wurde argumentiert, der schleichende Prozess des Artenverlustes würde nur unzureichend wahrgenommen, sodass es zu keinem „Aufschrei“ käme. Vermehrt wurde angeregt, es müsse möglich sein, mit Naturschutz Geld zu verdienen anstatt diesen vorrangig mit Verzicht in Verbindung zu bringen. Umweltbildung wurde als wichtiges Instrument hervorgehoben. Über das Wissen hinaus bräuchte es außerdem entsprechende positive Erfahrungen und emotionale Bindungen.

Die zweite Diskussionsfrage richtete sich an die Handlungsmöglichkeiten für die Politik. Einhellig wurden günstigere Rahmenbedingungen für den Naturschutz und eine bessere Personalausstattung der Naturschutzbehörden gefordert. Bezüglich der Förderung des sächsischen Naturschutzes regte Gisela Kallenbach an, im Zuge der Erarbeitung des Doppelhaushaltes 2015/2016 sowie der Entscheidung über operationelle Programme der neuen EU-Förderperiode 2014–2020 mit konkreten Forderungen an die im Sächsischen Landtag vertretenen Fraktionen heranzutreten. Die Frage, weshalb Naturschutz als eine Form der Daseinsvorsorge im Freistaat Sachsen überhaupt auf Förderprogramme angewiesen sei, blieb offen.

Zum Abschluss fasste Gisela Kallenbach zusammen, welche Maßnahmen im Verlauf der Veranstaltung angesprochen wurden und weiter verfolgt werden sollten. Hierzu zählten die Einreichung von Petitionen, Bildungsarbeit, Lobbyarbeit im Zuge der Erarbeitung des nächsten Doppelhaushaltes sowie von Förderrichtlinien und die Übernahme der Initiative „Perspektivenwechsel“, um PolitikerInnen zu ermuntern, im Naturschutzbereich einen Tag zu helfen und sich zu sensibilisieren.

» Rückblick zur Veranstaltung am 22. März 2014 in Dresden

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